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GPS-Jamming: Großflächige Störungen beim Schiffs- und Flugverkehr

Das sogenannte GPS-Jamming hält derzeit den Flugverkehr und den Schiffsverkehr auf Trab. Es heißt, dass sich im Ostsee-Raum Fälle häufen, in denen Satellitennavigationssysteme Störungen aufweisen. Das führt zu Behinderungen des Schiffsverkehrs oder sogar zu Ausfällen von Flügen. Derzeit arbeiten Wissenschaftler zwar schon an Gegenmaßnahmen, aber die Hintergründe für die Störungen sind im Grunde noch unklar.

Alarm auf der Express 4

Schon im Oktober 2022 kam es zu einem Verlust des GPS-Signals auf der Katamaranfähre Express 4. Als es passiert, fährt die Fähre der Molslinjen, einer Reederei in Dänemark, gerade mit 75 Stundenkilometer über den Großen Belt. Es drohten Grundberührungen und Kollisionen, insgesamt war die Fähre zudem schwerer steuerbar. Nach zehn Minuten war der Spuk vorbei und der Vorfall endete glimpflich. Seitdem hat die Reederei die Sicherheitsmaßnahmen verschärft. Schiffe laufen nun nicht mehr ohne GPS-Signal und die Besatzung wurde außerdem angehalten, ihr Wissen zum Thema traditionelle Navigation aufzufrischen.

Schwesternschiff ebenfalls betroffen

Nach dem Ausfall rief der Kapitän der besagten Fähre bei der Schwesternfähre an, dessen Kapitän das Gleiche berichtete. Die dänischen Sicherheitsbehörden ermittelten und gaben später bekannt, dass am 3. Oktober 2022 mindestens sechs Schiffe in einem Radius von 30 Kilometern betroffen waren.

Als Ursache wurde GPS-Jamming vermutet. Hierbei soll es sich um einen gezielten Versuch handeln, durch andere Sender ein Signal von einem Satelliten zu stören.

Die ersten Verdächtigungen

Es folgten erste Verdächtigungen, denn den dänischen Ermittlern fielen zwei russische Kriegsschiffe in der Nähe auf, die ohne Transponder (AIS = Automatic Identification System) kreuzten. Beweise, dass der GPS-Ausfall mit den Schiffen zusammenhängt, konnte man aber bis heute nicht finden.

Weitere Vorfälle im Ostsee-Raum

Im März 2023 kam es zu einem weiteren Ausfall einer Fähre der Reederei Molslinjen. Damals hatte ein Bord-Ingenieur eine Drohne über der Fähre gesehen. Wieder gab es Hinweise auf russische Verbindungen. Es kam noch zu vielen weiteren Vorfällen, sogar im Bereich Norwegen und Schweden, aber auch bis hin zur russischen Exklave Kaliningrad.

Mehrfach fiel die Navigation per Satellit aus. Es mussten sogar Flüge gestrichen werden. Zwar hatte man Untersuchungen eingeleitet, aber bis dato keine Ursache finden können.

GPS-Störungen reichen bis nach Mecklenburg-Vorpommern

Seit Dezember 2023 gibt es nun Hinweise darauf, dass die Störaktionen auch Deutschland erreichen. Die Störungen reichen bis nach Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg.

Um herauszufinden, wie es zu den Störungen kommt, haben sich auch Privatpersonen eingeschaltet. Auf einer öffentlichen Webseite werden Positionsmeldungen von Flugzeugen und Schiffen in diesem Gebiet zusammengetragen.

Dadurch wird das Ausmaß erkennbar. Mitte Dezember begannen die Störungen und reichen in etwa von der gesamten südöstlichen Ostsee bis hin zur Insel Rügen, einschließlich auch Südschweden, Baltikum und Polen.

In der OSINT-Szene (OSINT steht für Open-Source-Intelligence) spricht man daher auch schon vom Baltic-Jammer. Es heißt, dass der Jammer an verschiedenen Tagen in unterschiedlicher Stärke senden würde, aber dass der Fokus wohl auf Polen liegen würde. Teilweise sind wiederkehrende Muster zu erkennen, wenn es um die zeitlichen und räumlichen Details geht. Gerade vor den Weihnachtsfeiertagen 2023 waren die Ausfälle sehr stark und nun auch wieder am 10. Januar 2024.

Bestätigung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt

Da nun von den GPS-Störungen auch Deutschland betroffen ist, gibt es auch hierzulande Interesse am Thema. Auf Nachfrage hat das Zentrum Luftoperationen der Bundeswehr bestätigt, dass man von den Störungen wüsste. Man hat außerdem über Sonnenstürme gesprochen und davon, dass diese „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ nicht dafür verantwortlich sind.

Das DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) bestätigte NDR ebenfalls, dass es derzeit starke Störungen des GNSS-Empfangs gäbe. GNSS ist ein Oberbegriff, der für Satellitennavigationssysteme verwendet wird, wie zum Beispiel GPS, aber auch Galileo, GLONASS und Beidou.

GPS-Jamming verhindern – Wissenschaftler arbeiten an einer Lösung

Obwohl man offenbar keine Ahnung, wer oder was die Störungen konkret verursacht, arbeiten Forscher natürlich unter Hochdruck daran, das Problem zu lösen – schon seit Jahren allerdings. Da es nun bereits Routenänderungen und sogar Flugausfälle gegeben hat, dürfte das  Thema aber noch verstärkter in den Fokus geraten.

Ernstes Problem, aber keine akute Gefahr

Die Störungskampagne habe man zwar im Blick, da auch eine konkrete Ordnung möglich sei. Es sei ein ernstes Problem, aber es besteht keine akute Gefahr. Kapitäne sind nicht von nur einem System abhängig, da stets mehrere Technologien zum Einsatz kommen. Obwohl es zu Ausfällen und Routenänderungen kommt, könne der Schiffsführer trotzdem (wenn auch mit einer gewissen Herausforderung) das Schiff ohne GPS navigieren.

Es gibt unzählige Vermutungen und Theorien, allerdings nichts Offizielles oder gar Bestätigtes. All dies ist daher mit Vorsicht zu genießen. Dennoch häufen sich die Gerüchte rund um die hybride/elektronische Kriegsführung und deren Tests.

Man testet allerdings bereits Gegenmaßnahmen und alternative Systeme wie zum Beispiel R-MODE. Dies ist ein alternatives Navigationssystem, welches als Backup bei GNSS-Störungen eingesetzt werden kann. Getestet wird es derzeit in der Ostsee. In der Luftfahrt wiederum wird an Alternativ-Positionierungssystemen gearbeitet.

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