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Beige Computer der Vergangenheit: Ist Deutschland schuld?

Könnt ihr euch noch an die Anfänge der PCs erinnern, also der Personal Computer, die damals noch so klobig und breit waren, wie man es sich kaum noch vorstellen kann (wenn man es nicht selbst erlebt hat)? Wie ihr wisst, waren diese fast immer beige. Aber warum eigentlich? Und wer hat sich das ausgedacht? Die Spuren führen offenbar nach Deutschland.

So viel vorweg: Eine eindeutige Antwort auf die Frage, warum Computer früher fast immer beige waren, konnte man nicht finden. Zumindest wie gesagt nicht eindeutig. Ansätze, um das Phänomen zu erklären, gibt es allerdings viele.

Viele verschiedene Theorien

Von den möglichen Erklärungen, warum Computer früher immer beige waren, führt eine Spur nach Deutschland. Wir reden hier aber vor allem von den Anfängen der Personal Computer, also die 80er- und 90er-Jahre in etwa.

Häufig wird zum Beispiel die Theorie aufgestellt, dass sich andere Hersteller vor allem an Apple orientiert haben, deren Apple 2 Computer bereits beige war. Dieser ist 1977 auf den Markt gekommen.

Eine Spur führt nach Deutschland

Es gibt aber auch eine Spur nach Deutschland. Und wie könnte es anders sein – vielleicht hat die Farbe der PCs tatsächlich etwas mit dem in Deutschland so verbreiteten Regelungen zu tun. Genauer gesagt geht es um die Arbeitsplatzstandards.

Konkret geht die Theorie von Gizmodo auf ein Buch namens „ThinkPad: A Different Shade of Blue“ zurück. Hier wird die Entstehung der IBM-ThinkPad-Marke beschrieben. Die Autoren des Buchs beschreiben zum Beispiel, dass IBM in den 90er-Jahren mit zu den ersten Herstellern gehörte, die nicht länger Beige als Farbe wählen wollten.

Im Buch wird zur weiten Verbreitung der Farbe gesagt, dass die Arbeitsplatznormen in Deutschland in den späten 70er-Jahren dazu führten, dass für Bürocomputer „hellwertige“ Farben vorgeschrieben seien. Andere skandinavische und europäische Länder haben diese Normen dann übernommen.

In den 80er-Jahren setzte dann schon die gesamte Computerindustrie auf die Farbe, die noch dazu aus Kostengründen ebenfalls eine gute Wahl war. Andere Farben wie „Off-White“ oder „Grau“ wurden dem Buch zufolge praktisch abgeschafft.

Um welche Normen ging es damals?

Die Recherche nach der Aussage in den Büchern ging dann weiter, um herauszufinden, welche Normen damals vielleicht wirklich dazu geführt haben, dass die PCs früher stets Beige waren (und es offenbar auch sein sollten).

Gizmodo kontaktierte hierfür sowohl die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin sowie das Bundesarchiv. Des Rätsels Lösung lieferte dann aber wohl die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung.

Es gibt aus dem Jahr 1980 eine Schrift, die sich „Sicherheitsregeln für Bildschirm-Arbeitsplätze im Bürobereich“ nennt und die Nummer ZH 1/618 trägt. Bei dieser Schrift beziehungsweise damaligen „Norm“ war vorgeschrieben, welche farbliche Gestaltung die damaligen Computer für Büroarbeit haben sollten.

Computergehäuse sollten nicht reflektieren

Vorgeschrieben war ein bestimmter Reflexionsgrad. Es stand zwar nicht drin, dass die PCs künftig alle Beige sein sollten, aber genau diese Farbe erfüllte die Norm eben so gut. Es ging um die damalige DIN-Norm 67530, die zum Beispiel vorschrieb, dass das Bildschirmgehäude höchstens „halbmatt bis seidenmatt“ sein durfte. Der Reflexionswert musste zwischen 15 und 75 Prozent liegen, wobei mittlere Werte von 20 bis 50 Prozent empfohlen war.

Auch wurde in der Norm genau geregelt, wie dieser Glanzgrad ermittelt werden musste, also zum Beispiel unter einfallendem Licht mit 60 Grad. Man kann sich kaum vorstellen, dass das wahr ist – doch das ist kein Scherz.

Es gab sogar eine Norm für Tastaturen. Das Ziel dieser Normen war es, dass am Arbeitsplatz nicht zu viel Licht reflektiert wurde oder auch zu viel Licht verschluckt wurde. Eben das gute Mittelmaß war es, was man erzielen wollte. Schwarz und Weiß waren daher quasi Farben, die ausgeschlossen wurden. Beige erfüllte dagegen alle Anforderungen.

Übrigens: Es gibt noch heute Empfehlungen, die etwas Ähnliches als „Standard bei der beruflichen Verwendung“ vorschlagen beziehungsweise empfehlen. Dabei ist auch heute noch eine helle Farbgebung wünschenswert, wobei natürlich gerade bei Laptops dunkle Farben eher beliebt sind.

Hätte der PC also auch eine andere Farbe haben können?

Da in der Norm, die damals aus Deutschland kam, nicht drinstand, dass die PCs beige sein müssen, hätte es natürlich auch eine andere Farbe sein können, oder etwa nicht? Hätten sich vielleicht pinke oder grüne PCs eher durchgesetzt und wären nicht von den heutigen dominanten Farben ersetzt worden? Oder wären diese ebenso wie Beige irgendwann dem Untergang geweiht gewesen?

Bunte Farben wären es aber wahrscheinlich damals sowieso nicht geworden. Die Farbtöne, die man damals empfohlen hatte, sollten neutral sein und sich auch gut mit Wänden, Decken und dem Boden kombinieren lassen. Was heute in modernen Büros ein netter Farbklecks wäre, war damals eher … nennen wir es ungewöhnlich.

Oder ging es nur um Möbel?

Beim Thema Bürogestaltung sind auch bei der nächsten Theorie, denn generell wurde dem Design von PCs damals noch keine große Bedeutung beigemessen. Ästhetik war kein wichtiges Thema, es ging vielmehr um die generell „neue“ Technologie.

Vielleicht entstand das Beige also tatsächlich nur deswegen, um sich schlicht an Möbel, Wände, Böden und Decken anzupassen. Computer sollten vielleicht nur nicht auffallen und gerade Weiß ist zwar eine helle Farbe, kann aber auch ganz schön strahlen (und war dank der Norm in Deutschland ja sowieso nicht wünschenswert).

 Trend, Marketing, Schmutz? So viele Möglichkeiten

Doch es gibt am Ende des Tages sehr viele Erklärungsmöglichkeiten und vor allem Theorien. Beiges ABS-Kunststoff soll zum Beispiel sehr günstig gewesen sein und daher wurde es häufig für Computergehäuse verwendet. Beige könnte auch eine Marketing-Farbe gewesen sein, da sie eventuell Professionalität ausstrahlte.

Beige konnte zudem Wärme gut reflektieren und konnten daher vielleicht dabei helfen, die Gehäuse kühler zu halten. Generell waren in den 80er- und 90er-Jahren Pastellfarben auch sehr beliebt. Beige war eine der beliebtesten Farben, also war es vielleicht einfach nur Trend? Schmutz ist auf Beige weniger schnell sichtbar wie auf Weiß, Farben wie Rot und Grün haben vielleicht negative Assoziationen.

Es gibt einfach unendlich viele mögliche Gründe, warum der Computer damals beige war. Aber einer diese Gründe war Deutschland. Ob unser Land aber tatsächlich durch die Norm dazu beigetragen hat, dass weltweit PCs irgendwann alle beige waren … wir werden es wohl nie erfahren.

Quelle: Gizmodo, Bundesarchiv, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, GameStar

Written by
Maria Lengemann ist 37, Gamerin aus Leidenschaft, Thriller-Autorin und Serienjunkie. Sie ist seit 14 Jahren selbstständig und journalistisch auf den Hardware- und Gaming-Bereich spezialisiert.

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