Die Produktion von Halbleitern belastet die Umwelt, doch solche Risiken wurden bislang unterschätzt. Mit Subventionen förderten Regierungen die Ansiedlung von Chipfabriken, ohne dabei Wasser- und Energieverbrauch oder gefährliche Chemikalien und deren Folgen für die Umwelt zu beachten. Eine Interface-Studie fordert nun die ökologische Chipherstellung.
Die Chipherstellung schreitet immer weiter voran. Die Halbleiterproduktion nimmt stark zu, um den weltweiten Bedarf an leistungsfähigen Halbleiterbauelementen zu decken. In vielen Ländern fördern Regierungen die Ansiedlung von Chipfabriken durch Subventionen. Sie beachten dabei nicht die möglichen schwerwiegenden Folgen für die Umwelt durch einen hohen Ressourcenverbrauch, aber auch durch Abfallprodukte bei der Herstellung. Eine Studie von Interface fordert den Umstieg von fossilen auf regenerative Energien und die ökologische Chipherstellung.
Gefahren für die Umwelt durch Halbleiterfertigung
In einigen Jahren könnte die Halbleiterfertigung innerhalb der EU zu einer stärkeren Umweltbelastung führen als die chemische Industrie oder die Stahlindustrie. Umweltlasten in der Halbleiterproduktion wurden bislang zu wenig beachtet, wie Julia Christina Hess von Interface feststellt. In der Studie von Interface „Chip Production’s Ecological Footprint: Mapping Climate and Environmental Impact“ werden die Folgen der Halbleiterfertigung für die Umwelt untersucht. Politiker, die mit Subventionen die Ansiedlung von Chipherstellern fördern, beachten nicht den hohen Bedarf an Wasser, Energie und anderen Ressourcen. Kritisch ist auch der Einsatz von problematischen Chemikalien.
Starke Steigerung der Chipproduktion in den nächsten Jahren
Die Studie von Interface sieht die Notwendigkeit in der Halbleiterproduktion für die doppelte Transformation in der Zukunft. Digitalisierung muss mit Dekarbonisierung einhergehen, indem regenerative statt fossiler Energien für die Halbleiterproduktion genutzt werden.
Die Europäische Union will bis 2030 ihren Anteil an der globalen Chipherstellung von bislang acht bis zehn Prozent auf 20 Prozent erhöhen. Eine Verdopplung der Chipproduktion in der EU reicht dazu nicht aus. Weltweit ist ein Ausbau der Fertigungskapazitäten erforderlich. Julia Christina Hess geht davon aus, dass sich im Extremfall die Umweltbelastungen durch Chipfabriken in Europa verachtfachen könnten. Das entspricht einer deutlich höheren Umweltbelastung als durch Chemie oder Stahlproduktion.
Pläne nicht immer im Einklang mit der Realität
Viele große Chiphersteller haben Pläne für eine klimaneutrale Produktion in den kommenden Jahren und wollen die natürlichen Ressourcen schonen. Intel möchte netto-wasserpositiv fertigen und für die eigene Produktion mehr sauberes Wasser bereitstellen.
In den geplanten Intel-Fabriken in Magdeburg, über die wir bereits Ende Mai im Zuge eines Planungsstopps aufgrund des erforderlichen Bodenabtrags berichteten, soll das Wassersystem gemäß für die Genehmigung eingereichter Dokumente täglich 18.600 bis 20.300 Kubikmeter Frischwasser bereitstellen. Jährlich wären das bei voller Produktion 6,8 Millionen Kubikmeter Wasser oder sogar mehr. Das ist mehr als die Hälfte des zur Trinkwasserversorgung in Magdeburg benötigten Wassers, denn 2018 benötigte die gesamte Stadt 12,1 Millionen Kubikmeter Wasser.
Ein Problem sind auch gefährliche Chemikalien, die unter dem Namen Per- und Polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) zusammengefasst werden. Viele Chiphersteller wie Infineon arbeiten damit. Um diese Substanzen wieder aus der Abluft zu entfernen, ist ein hoher Energieaufwand nötig.
Um die Umweltprobleme zu lösen und die Umweltlasten zu reduzieren, fordert die Studie von Interface von den Chipherstellern möglichst schnell konkrete Maßnahmen.
Quellen: Interface, Intel, Stadt Magdeburg, Infineon, Heise